Zugegeben, die Headline mag für den ein oder anderen
überzogen klingen. Die täglichen Trump-Eilmeldungen auf unsere Handys sollten
uns aber wachrütteln. Uns, die wir nie für Demokratie kämpfen mussten und sie
für selbstverständlich hinnehmen. Wahrscheinlich für zu selbstverständlich.
2017 ist ein entscheidendes Jahr für Europa. Nicht nur wir in
Deutschland wählen, sondern auch die Franzosen, die Niederländer, vielleicht
auch die Italiener. Diese Wahlen entscheiden, für welche Werte unsere
zukünftigen Regierungen stehen, für welches Weltverständnis sie sich einsetzen.
Ob Fake-News die Wahl in den USA entschieden haben wird man
nie sagen können – aber beeinflusst haben sie das Ergebnis sicherlich. Europa
wird die neue Zielscheibe dieser Angriffe. In Frankreich wird der
aussichtsreiche Kandidat schon Opfer einer Fake-Kampagne, die besagt, dass er homosexuell
sei und von einer reichen Gay-Lobby unterstützt werde. Ehrlich gesagt, ist
dieser Feldzug in Frankreich wahrscheinlich nicht vielversprechend, aber es ist
ein Weckruf: Fake-News werden auch hier eingesetzt, um Wahlen zu entscheiden,
um ungeliebte Regierungen abzusetzen.
Es geht jetzt gar nicht darum, zu analysieren, warum und wie
Russland diese Methoden einsetzt.
Viel wichtiger ist, klar zu machen, dass
jeder! von uns etwas dagegen tun kann – und muss.
Dass wir jungen Menschen, zumindest viele von uns, faul
gewesen sind, wenn es darum geht, die Demokratie zu schützen, ist kein
Geheimnis. Der Silberstreif der Wahl Trumps ist, dass wir endlich aufwachen.
Fake-News sind derzeit ein großes Thema. Übrigens sollte man
sie eigentlich nicht Fake-News nennen, das verharmlost, was sie eigentlich sind:
Lügen und Unwahrheiten.
Politiker
beraten darüber, was man tun kann, um die Verbreitung von Fake-News zu stoppen.
Nachrichtenseiten und soziale Netzwerke wollen Maßnahmen gegen die gefährlichen
Unwahrheiten entwickeln.
Fake-News verbieten –
ist das umsetzbar? Würde das überhaupt helfen? Vielleicht, vielleicht
auch nicht. Aber wieso reden wir so viel darüber, wie man die Verbreitung
stoppt? Zu jedem Angebot gehört eine Nachfrage – und letztere sollte ein
mindestens genauso wichtiger Ansatzpunkt sein.
Fake-News gab es schon vor der Zeit des Internets. Da waren
es Gerüchte und Unwahrheiten, die zu später Stunde bei feucht-fröhlichen
Kneipen-Gesprächen entstanden sind. Am nächsten Tag wurde allerdings entweder
die Geschichte, oder der, der sie verbreitet hat, nicht mehr ernst genommen.
Und bevor es soziale Netzwerke gab und Emails mit dubiosen Zeilen im
Spam-Ordner landeten, hätte man sich wohl lächerlich gemacht, wenn man sie
weitergeleitet oder in Gesprächen als Quelle genutzt hätte.
Klicken, liken und teilen funktioniert etwas anders. In
Zeiten von Informationsflut und steigender Sensationsgier haben es Fake-News
viel einfacher. Was kann man also tun?
Freunde und Bekannte aus der Freundes-Liste zu löschen, weil
sie eine Fake-News-Geschichte liken oder teilen, ist sicherlich nicht die
richtige Lösung. Nicht nur weil es Filter-Bubbles bestärkt, sondern auch weil
es den richtigen Weg versperrt. Warum?
Wenn man „etwas mit Medien“ studiert hat, dann gibt es eine
Botschaft, die hängen bleibt: Medien selbst beeinflussen unsere Meinung kaum
bis gar nicht. Eine Nachricht oder Werbung wird unsere Meinung nur in den
seltensten Fällen ändern. Aber was hat dann Einfluss auf uns?
Gespräche! Reden! Diskussionen! Mit Freunden, Familie,
Kollegen und vor allem in Schulen. Hier können wir überzeugt werden, hier
können wir unsere Ansicht ändern.
Statt jemanden einfach zu entfreunden, sollte
man also versuchen, das Gespräch zu suchen. Gleichzeitig gilt, realistisch
genug zu sein, um zu wissen, dass manche Menschen für die entsprechenden
Argumente dann nicht zugänglich sind. Manche, aber nicht alle.
Und was, wenn man niemanden kennt, der Fake-News lesen oder
verbreiten würde?
Klar, das ist gut möglich. Aber: Wenn wir alle anfangen
darüber zu sprechen, ein Bewusstsein schaffen und eine neue Diskussions-Kultur
anstoßen, dann erreicht diese Herangehensweise auch Menschen, die Freunde
haben, die Fake-News liken oder teilen – teilweise ohne zu wissen, dass es
Fake-News sind. Und diese Freunde wissen dann, was sie tun müssen: Reden und
nicht entfreunden!
Wenn es so einfach ist, etwas für die Demokratie zu tun,
dann sollten wir es alle machen. Spread the news.
Thanks to Ben Scott and his food for thought at the Hertie-Event 02/20/2017.